Georg Salter (1897-1967) Kurzbiographie
Startseite
Biographie
Designkategorien
Bildergalerie
  Quellen, Archive
English Version

 

Familienhintergrund

Salter sah zuerst am 5. Oktober 1897 in Bremen das Licht der Welt. Sein Vater Norbert, der an der Musikhochschule in Wien seine musikalische Ausbildung erhalten hatte, spielte Violoncello im Hamburger Symphonieorchester unter der Leitung des jungen Dirigenten Gustav Mahler. Georgs Mutter Stefanie, die ebenso musisch begabt war, entstammte einer ungarischen Familie, die auch auf eine lange musikalische Tradition zurückblickte. Norbert Salter hängte nach einigen Jahren als Cellist seinen Musikerberuf an den Nagel und widmete sich der finanziellen Verwaltung des Orchesters. Die neue Berufsrichtung führte ihn zu einer erfolgreichen Stelle als freistehender Impresario und stellte internationale Beziehungen mit weltberühmten Sängern und Musikern her.
Salter's Passphoto, 1933
Das Ehepaar hatt vier Kinder: Lili (die für eine kurze Zeit in Berlin im Atelier von Lotte Jacobi Photographie lernte); Georg (der älteste Sohn, geboren 1897); Julius; Stefan (geboren 1907). 1897 konvertierten die Salters, wie so viele ihrer jüdischen Stammesgenossen, und beschritten damit einen bekannten Weg zur Assimiliation. Am 13. März 1913 fand Georgs Konfirmation in der Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin statt. Die Familie erfreute sich eines ruhigen Lebens in Wohlstand und Sicherheit während der Vorkriegszeit, während oft große Namen aus der Theater- und Musikwelt bei ihnen in der Wohnung in Grunewald zu Gast waren. In diesem weltoffenen Kreis wuchs Georg auf, zeigte auch selber Talent am Violoncello, und zeigte ein frühes Interesse für die technische Seite des Theaters. In der Wohnung wurde für ihn eine kleine Bühne errichtet, auf der er sich mit Problemen der Beleuchtung, des Bühnenbilds, und der Kostüme befasste.




Salters Anfänge bei Berliner Verlagen


Auf dem Reifezeugnis des jungen Linkshändigen vom Werner Siemens Realgymnasium (Berlin) aus dem Jahre 1911 steht die Zensur “befriedigend” für Handschrift. Dieses harte Urteil ist wohl auf die damalige Vorliebe für Rechtshändig-keit zurückzuführen, die im Unterricht herrschte. Salter passte sich diesem Zwang an und hat auch später seine eigenen Schüler dazu ermuntert. Mitten im Krieg 1916 schloss er mit neunzehn Jahren das Gymnasium ab und rückte mit seinem Bruder Julius als Soldat ein. Er zeichnete Landkarten, welche Tätigkeit seine wachsende Neigung zur graphischen Kunst herausbildete. Beide Brüder haben ihre Dienstzeit heil überlebt und kehrten danach als Zivilisten zurück, um sich verschiedenen Aspekten des Buchhandels zu widmen. Während Julius Salter als Mitgründer des Familienunternehmens Verlag Die Schmiede tätig war, suchte Georg endlich im Kunstunterricht die praktische Ausbildung für seinen späteren Beruf. An der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in Berlin-Charlottenburg wandte er sich von 1919 bis 1921 der Bühnenbildmalerei zu. 1921-1922 war er an der Preussischen Staatsoper als Bühnenbildner tätig.

Ab 1922 widmete sich Salter dem Beruf des Bühnenbildners, während er sich gleichzeitig einen Namen als freiberuflicher Buchkünstler zu machen begann. In seinen frühsten Werken, wie eigentlich auch in allen Phasen seines Schaffens, ist der Einfluss des Theaters unverkennbar: dramatische Licht- und Schattenspiele und hochstilisierte Perspektiven kennzeichnen viele seiner Entwürfe. In den 20er Jahren arbeitete Salter an der Berliner Volksoper, wo er mit der Bühnenarchitektur– und Gestaltung einiger Aufführungen beauftragt war. Als sich die Volksoper 1925 auflöste, trat Salter eine Stelle bei den Vereinigten Stadtheatern Barmen-Eberfeld an, wo er Entwürfe für über 100 Theaterwerke inkl. Dramen, Opern und Operetten entwarf. Als ihm 1927 der Arbeitsaufwand zu viel wurde, kehrte Salter nach Berlin zurück, um sich ausschließlich der Buchkunst zu widmen. Mit seiner Fertigkeit stieg auch sein Ruf, als er sich auf diesem Gebiet profilierte.
Photo: Salter bei der Arbeit, 1937

In den Jahren zwischen 1922 und 1934 schuf Salter mehr als 350 verschiedene Entwürfe für 33 deutsche Verlage. Einige davon waren freilich Einbandgestaltungen, jedoch waren über zwei Drittel Entwürfe für Schutzumschläge. Zwischen 1927 und 1933 entwarf er einige klassische Werke in dieser Gattung, die sein größtes Erbe sind. Seine besten Werke wurden oft mit literarischen Werken von bedeutenden Schriftstellern gepaart, welche Kombination ihm eine gebührende Anerkennung sowohl in literarischen als auch in gewerbegraphischen Kreisen einbrachte.

Der Typograph und Schriftmann Georg Trump engagierte Salter im Jahre 1931, um die Leitung der Abteilung für Gewerbegraphik an der Höheren Graphischen Fachschule (Berlin) zu übernehmen. Unter den beiden Kollegen entwickelte sich bald Freundschaft und gegenseitiger Respekt. 1933 war Trump trotzdem gezwungen, Salter aus rassischen Gründen aus seiner Stelle an der staatlichen Hochschule zu entlassen. Nach dem Verlust seiner Lehrtätigkeit verließ Salter die Hauptstadt, wo sein Talent seit einigen Jahren gefeiert und belohnt worden war. Er zog zunächst nach Baden-Baden, um dort monatelang auf ein amerikanisches Visum zu warten, das endlich am 1. Oktober 1934 vom Konsulat in Stuttgart genehmigt wurde. Stefan Salter, der schon 1928 in die USA ausgewandert war, hatte dazu ein Gutachten geliefert und damit seinem Bruder in die erste Welle der exilierten deutschen Künstler und Intellektuellen verholfen.


Emigration: neue Anfänge in New York

Der Emigrant, der am Freitag dem 16. November 1934 in New York ankam, konnte schon am folgenden Montag Geld verdienen. Solche seltenen Glücksfälle sind ohne einen Schutzengel hinter den Kulissen undenkbar. In der Tat haben manche Freunde Salter den Weg in seine neue Arbeitswelt geebnet, wie z.B. der Verlagshistoriker des amerikanischen Buchwesens Hellmut Lehmann-Haupt (seit 1929 in den USA), der seit 1930 Bibliothekar und Archivar an der Columbia University (New York City) war. Schon im Jahre 1933 hatte er fünfzig Schutzumschläge von Georg Salter bei Columbia ausgestellt. Dank solchem Bemühen erfreute sich Salter schon bei seiner Ankunft eines gewissen Rufs und der nötigen Kontake zu der Verlagswelt.

Salters erster Arbeitsplatz in seiner neuen Heimat war ein Schreibtisch bei dem großen Buchbinderbetrieb, H. Wolff Book Manufacturing Company. Dort etablierte er sich als freiberuflicher Buchgestalter und Umschlagkünstler. Die lockere Verbindung zu H. Wolff war fruchtbar, denn Salter gewann dadurch Zugang zu Graphikabteilungen aller wichtigen Verlage in New York. Während dieser Zeit konnte er sein Englisch verbessern und sich in seine neue Berufswelt einleben, wo er zur Belustigung seiner amerikanischen Kollegen sich sogar über das Steuerzahlen in seiner neuen Heimat freute. Er war zweifelsohne ein aufgehender Stern am Himmel der amerikanischen Gebrauchsgraphik, sodass er auch 1937 einen Lehrvertrag bei der Cooper Union School of Art erhielt. Dort bot er dreißig Jahre lange Kurse über Schrift und Kalligraphie an. Unter seinen Studenten an dieser Hochschule (und an der New York University, wo er auch einen Kurs über Buchausstattung hielt) befanden sich viele große Namen der Designwelt der nächsten Generation.


Von Georg zu George

Photo: Als Professor in den 50er Jahren an der Cooper Union Hochschule für bildende Kunst (New York)Die 40er Jahre brachten Salter immer mehr Aufträge. Bis zum Schluss des Jahrzehnts konnte er auf ungefähr 185 Buchumschläge und wenigstens 30 Zeitschriftenmotive zurückblicken, also mehr als ein Werk pro Woche. Er erlangte die amerikanische Staatsbürgerschaft am 19. September 1940, dem Tag an dem er ein “e” an seinen Namen anhängte und sich seither mit der englischen Form George nannte. Im gleichen Jahr konnte er seinen noch in Europa bedrohten Familienmitgliedern aus Paris nach New York auswandern helfen. Sein Leben verlief ruhig und die Aufträge ließen nicht nach, denn seine Umschläge waren unter den jählichen Angeboten der meisten großen Verlagshäuser sehr begehrt. Unter seinen Berufskollegen war Salter sowohl persönlich beliebt als auch für sein Talent anerkannt. Seine Mitgliedschaft im bibliophilen Grolier Club (New York City) 1951 ist ein Zeichen seines Ansehens unter Fachleuten.

Salters erste amerikanische Umschläge für Kriminalromane führten bald zu einer Assoziation mit dem Verleger Lawrence Spivak, der diverse billige Reihen von Krimis und Science-Fiction-Romanen herausbrachte. Dieser engagierte Salter 1938 für Mercury Publications, wo er ab 1939 die Graphikabteilung leitete. Salter hat die verschiedenen Reihen umgestaltet, um den einzelnen Titeln jeweils eine eigene graphische Persönlichkeit zu verleihen. In jedem Fall blieb er aber der graphischen Tradition der bildenden Kunst näher als der des sog. Schmutz- und Schundromans. Seine Deckelillustrationen für diese wohlfeilen Hefte auf billigem Papier weisen in jedem Fall einen gewissen Geschmack und Zurückhaltung auf, Eigenschaften, die immerhin auf den meisten Umschlägen zeitgenössischer Krimis fehlten.

Georg Salter starb am 31. Oktober 1967 in New York City. Neben seiner Ehefrau Agnes O’Shea Salter (1901-1989) liegt er in Cummington, Massachusetts, in den Hampshire Hills begraben. Dort hatte die Familie jahrelang ihre Sommerferien verbracht.

Wer sich in das Werk Georg Salters vertieft – oder es auch nur flüchtig streift – begegnet einem Graphiker von höchstem künstlerischen Rang. Er fand mit seiner Typographie, Schrift und seinen Ilustrationen geniale Lösungen auf die künstlerischen Probleme, die dem Schutzumschlag innewohnen. Er besaß d ie Fähigkeit, diese graphische Werbung auf ihr Wesentliches zu reduzieren und damit den Inhalt eines Werkes anzudeuten oder dessen Atmosphäre zu evozieren.

↑Seitenanfang


  • Created By: Sara Kratzok '06 & Devyani Parameshwar '06
  • Maintained By: Author, Thomas S. Hansen, Dept. of German, Wellesley College
  • Date Created: July 2, 2004
  • Last Modified: October 28, 2004
  • Expires: August 2005